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Dermatologie beim Haustier

Ablauf des Haarwachstums

Zum Verständnis des Problems muss man betrachten, wie die Haare bei Hunden und Katzen in normaler Weise wachsen und ausfallen. Das geschieht in Haarfollikeln (auch Haarbälge genannt), das sind lange, dünne „Röhren“, die tief in der Haut mit der sogenannten Wurzel beginnen (s. Abb. 1). Hier liegt eine Wachstumszone, in der das neue Haar herstellt wird. Dieses wächst immer weiter hinaus um über der Hautoberfläche das Fell zu bilden. Das ausgewachsene Haar kann viele Monate fest im Follikel sitzenbleiben (Ruhephase), dann wird es locker und fällt aus. Es entsteht eine neue Wachstumszone am Grund des Haarfollikels und der Ablauf beginnt von vorn. Diesen Prozess nennt man Haarzyklus.

Die vielen, dicht nebeneinander liegenden Haarbälge bei Hunden und Katzen befinden sich meistens in verschiedenen Phasen des Haarzyklus, dadurch behält das Fell zu jeder Zeit eine gewisse Gleichmäßigkeit der Dichte.

Aufbau des Haarfollikels

E = Epidermis (Oberhaut) 
H = Haar
M = Haarbalgmuskel
P = Papille – Beginn der Wachstumszone in der Wurzel des Haarbalges
S = Schweißdrüse
T = Talgdrüse
1 = Haaroberhäutchen
2 = Haarrinde
3 = Haarmark
4 = unreifes, wachsendes Haar
5 = äußere Oberflächenschicht des Haarfollikels
6 = innere Oberflächenschicht des Haarfollikels

©mit freundlicher Genehmigung aus: Noli, Scarampella, Toma: Praktische Dermatologie bei Hund und Katze, Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover, 2014 – für Tierarzt Dr. med. vet Frieder Schmidt.

Anordnung der Haarfollikel

1= Deckhaar
2 = Wollhaar
3 = Epidermis (Oberhaut)
4 = Haarbalgmuskel
5 = Talgdrüse
6 = Wurzeln der Wollhaare
7 = Wurzeln des Deckhaares
8 = Schweißdrüse

Struktur des Fells

Die Haarbälge sind in Bündeln angeordnet, die eine gemeinsame Öffnung an der Hautoberfläche haben (s. Abb. 2). In der Mitte des Bündels liegt ein einzelnes langes, gerades und kräftiges Haar, es wird Deckhaar oder Primärhaar genannt. Weil sie die längsten, herausragenden Haare sind, bestimmen sie das sichtbare Erscheinungsbild des Fells. Sie haben auch die Funktion, Wasser auf der Oberfläche des Fells abperlen zu lassen, damit der darunterliegende Haarbereich und die Haut trocken bleiben. Aus den kleinen, randständigen Haarbälgen wachsen die sogenannten Woll- oder Sekundärhaare, sie sind kürzer, dünner und lockenartig gewellt (siehe Abbildung 3). Sie haben vor allem die Funktion der Wärmedämmung für den Körper. Beim Winterfell von Hunden und Katzen sind alle Haare, besonders aber die Wollhaare viel länger als im Sommer, das hat einen Effekt wie ein Fleecepullover für uns Menschen.

Haartypen bei Hunden

a = Deckhaar
b = Wollhaar
c = Haar eines Pudels

Der Fellwechsel

Der Fellwechsel hat die Funktion, die Wärmedämmung des Körpers an veränderte Umgebungstemperaturen anzupassen. Die Haarfollikel lassen die alten Haare ausfallen und dann die Neuen so lang und dicht wachsen, dass es dem Tier in der bevorstehenden Jahreszeit weder zu kalt noch zu warm wird. Dieser Vorgang dauert wenige Wochen. Der Fellwechsel erfolgt in unseren Breiten im Frühjahr und im Herbst, dieser Vorgang wird vom Körper durch die Wahrnehmung der Tageslichtlänge gesteuert. Auch eine deutliche Veränderung der Umgebungstemperatur löst häufig einen Fellwechsel aus. Der lästige Haarverlust ist ein selbstverständlicher Bestandteil des normalen, zweckmäßigen Fellwechsels. Hunde und Katzen helfen sich dabei mit Lecken, Kratzen, Wälzen und Reiben an Bäumen oder auf dem Boden.

Fellpflege hilft

Die Tierhalter sollten mit Bürsten oder Kämmen Unterstützung leisten und dabei die ausfallenden Haare entfernen, bevor sie allmählich in der Wohnung herausrieseln. In den vergangenen Jahren haben wir häufig markante Wetterwechsel und Temperatursprünge erlebt. Viele Tiere waren dadurch über längere Zeiten mit Wechseln hin zu einem dünneren Fell und wieder her zu einem dichteren Fell beschäftigt – verbunden mit monatelangem Haaren. Wir Menschen haben es da einfacher, wir tauschen schnell das T-Shirt gegen Hemd und Pullover.

Interessant:

In einer Studie mit Labrador Retrievern, die im Haus lebten, wurde festgestellt, dass die Hunde das ganze Jahr über permanent und gleichmäßig in einem leichten Fellwechsel waren. Wenn die Tiere nur eben beim Spaziergang den natürlichen Wetter- und Tageslichtbedingungen ausgesetzt sind, hat dies offenbar einen großen Einfluss auf die Steuerung des Haarwechsels. Dies kann auch bei anderen Hunderassen vergleichbar so sein und einen ständigen Haarverlust erklären, ohne dass eine krankhafte Störung die Ursache ist.

Ständiger Haarverlust kann durch normalen Fellwechsel in Verbindung mit ungewöhnlichem oder unnatürlichem Umgebungsklima entstehen und tatsächlich kommt das häufig vor. Eigentlich gibt es keine Möglichkeit, diesen Prozess zu verhindern. Damit werden häufig Fellbürste, Staubsauger und Fusselroller für Textilien die Werkzeuge, mit dem man diesem Problem begegnen kann. Es gibt aber auch noch andere Gründe, warum Hunde und Katzen vermehrt Haare verlieren. Im folgenden Abschnitt werden noch weitere Auslösefaktoren besprochen, außerdem sind nicht selten Krankheiten die Ursache, dieser Komplex wird im letzten Abschnitt des Textes behandelt. Diesen Ursachen ist gemeinsam, dass man den Haarverlust meistens gut abstellen kann durch Maßnahmen bei Fütterung, Haltung und Umgang mit den Tieren oder durch tiermedizinische Behandlungen.

Es kann äußerst schwierig sein, zu unterscheiden, ob es sich um den physiologischen Fellwechsel unseres Haustieres handelt oder um einen pathologischen Fellverlust. Im Weiteren folgen einige Faktoren, die zu einem pathologischen Fellverlust führen können.

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